Abgeschickt von Hans am 30 April, 2008 um 08:55:19
Antwort auf: Re: Traubenzucker = Leistungskiller? von Christian am 28 Mai, 2001 um 12:46:56:
: Hallo Guenter,
: nun habe ich mich noch ein bisschen kundig gemacht und moechte dir mal meine Theorien vorstellen. Da ich einiges herausgefunden habe, ist es wahrscheinlich guenstig, wenn du dir ein einen Schokoriegel bereitlegst, damit du auch fit bleibst ;-)
: Leistungssteigerungen bei lang andauernden Wettbewerben koennen erzielt werden, wenn die Athleten Glukose- oder Fruktoseloesungen waehrend des Wettbewerbes zu sich nehmen. In einer Studie wurde die Wirkung der Verabreichung von kohlehydrathaltigen Getraenken in der Halbzeit eines Fussballspiels mit dem Ergebnis verglichen, das eintrat, wenn keine derartigen Getraenke gegeben wurden. Bei Aufnahme von Kohlenhydraten erhoehte sich nicht nur die insgesamt zurueckgelegte Strecke. Auch die Distanzen, die mit hoechster Geschwindigkeit gelaufen wurden, vergroesserten sich.
: Was feste Kohlenhydrate in Form von Suesswaren anbelangt, so zeigte sich, dass auch sie die Leistung positiv beeinflussen, wenn sie in geringen Mengen waehrend des Wettbewerbes gegessen werden. Im Zuge einer Studie, die an der Ball State University, Indiana, durchgefuehrt wurde, erhielten zehn Maenner, die vier Stunden lang Radfahren mussten, in stuendlichen Intervallen einen Suesswaren-Snack. Zu einem anderen Yeitpunkt wurde die Uebung mit einem kuenstlich gesuessten Getraenk anstelle der Suesswaren wiederholt. Bei einer Sprintfahrt bis zur Erschoepfung, die am Ende des Tests durchgefuehrt wurde, konnten die Versuchspersonen um 45% laenger fahren als nach Aufnahme des Kontrollgetraenkes, das keine Naehrstoffe enthalten hatte.
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: Als sinnvoll ist die Zufuhr von Traubenzucker waehrend Ausdauerbelastungen anzusehen. Hierdurch wird der Zeitpunkt der muskulaeren Ermuedung infolge Erschoepfung hinausgezoegert. Wenn die intramuskulaeren Glykogenvorraete entspeichert sind, ist der Muskel auf die Zufuhr von Glykose ueber den Blutweg angewiesen. Die Aufnahme von Glukose verhindert einen Abfall des Blutzuckerspiegels und damit eine Mangelversorgung besonders des Zentralnervensystems. (Shephard "Ausdauer im Sport" 1993, S.143f.).
: Das ideale Sportgetraenk besteht aus Glukoseloesung niedriger Konzentration. Je hoeher die Traubenzuckerkonzentration in der getrunkenen Fluessigkeit ist, desto langsamer entleert sich der Magen, und das Wasser sowie die Glucose koennen im Darm nur mit Verzoegerung resorbiert werden. Aus diesem Grund sollte die im Wettkampf getrunkene Fluessigkeit nur 5-10% Oligosaccharide enthalten. Im Abstand von 15-30 Minuten sollten 300ml davon getrunken werden. Dadurch wird die Ermuedungsgrenze hinausgeschoben. (de Marces "Sportphysiologie" 1996, S. 461)
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: : Der erhöhte Insulinspiegel, ausgelöst durch die Resorption über die Mundschleimhaut überwiegt die erhoffte Energiezufuhr deutlich.
: : Während große Moleküle erst langsam aufgespalten werden müssen, liefert Zucker seine ganze Energie auf einmal ab. Das zwingt unseren Körper zu einer verstärkten Produktion von Insulin, um den Zucker abzubauen. Diese Aufgabe erledigt das Insulin so gründlich, dass wir anschließend sogar zu wenig Zucker im Blut haben.
: Wird Glukose unmittelbar vor der koerperlichen Betaetigung aufgenommen, wird die Fettsaeurekonzentration nicht beeintraechtigt. Man nimmt an, dass der Grund dafuer hierin liegt, dass koerperliche Betaetigung bestimmte Hormone stimuliert, die den Anstieg des Insulins im Blut trotz des Vorhandenseins von Glukose verhindern.
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: Ist Zucker ein Naehrstoffraeuber?
: Diese Behauptung beruht auf sehr alten tierexperimentellen Untersuchungen und beyieht sich vor allem auf Vitamin B1 (Thiamin) und Calcium.
: Die grosse biochemische Bedeutung, die Vitamin B1 im Energie- und Kohelnhydratstoffwechsel hat, ist allgemein bekannt. Einige der am Abbau der Glucose beteiligten Enzyme benoetigen Thiaminpyrophosphat (TPP) als Coenzym. Dabei wurd das Coenzym im Verlauf der biochemischen Reaktion kurzzeitig verbraucht und anschliessend sofort wieder regeneriert. Es wird also nicht verbraucht (oder geraubt). Saccharose wird bereits im Duenndarm durch Saccharase in die Einzelbausteine Glucose und Fructose zerlegt. Diese Einzelbausteine werden absorbiert und unabhaengig von ihrer Herkunft verstoffwechselt. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte nie nachgewiesen werden, dass eine hohe Zuckeraufnahme zu einer Thiamin-Mangelsituation beim Menschen fuehrt.
: Die Behauptung, Zucker sei ein Kalkraeuber, basiert auf japanischen Untersuchungen, die an Kaninchen durchgefuehrt wurden. In neueren, unter physiologischen Bedingungen durchgefuehrten Untersuchungen wurde der Einfluss staerke- und saccharosereicher Nahrungen auf den Calciumstoffwechsel erneut untersucht, ohne dass ein Unterschied zwischen diesen Kohlenhydraten festgestellt werden konnte.
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: Soweit zu dem, was ich herausgefunden habe.
: Als ein vorlaeufiges Fazit, mit dem du dich nicht zufrieden geben sollst:
: Die Wissenschaft hat Belege fuer deine und meine Theorien gefunden (wobei mir meine Theorie besser gefaellt...). Es laesst sich also noch nicht endgueltig feststellen, wer von uns beiden (und den vielen Wissenschaftlern) Recht hat.
: Ich denke, jeder Sportler sollte die Wirkung von Traubenzucker u.ae. an sich selbst austesten.
: Als nicht nebensaechlich empfinde ich den sog. "Placebo"-Effekt. Wer an die Leistungssteigerung glaubt, der wird sie spueren...
: So Guenter, geschafft...
: Christian