Abgeschickt von Günter am 23 Dezember, 2000 um 13:42:20
Antwort auf: Keinen Plan! von Hannes am 20 Dezember, 2000 um 01:05:30:
Hi Hannes,
mit diesem Problem müssen wir uns als Coaches ständig auseinander setzen. Tatsache ist, Streetball und "richtiges" Basketball sind zwei völlig verschiedene Welten.
Beim Streetball reicht es, wenn du ein starker 1-on-1-Spieler bist, vielleicht stellt man ab und zu noch einen Block, das wars dann aber auch schon.
Nach meiner Erfahrung haben Streetball-Zocker Probleme mit folgenden Punkten:
- aus 3-3 wird 5-5. Das heißt es sind 4 Spieler mehr auf dem Feld, was deine 1-1-Möglichkeiten sehr einschränkt und wesentlich bessere Entscheidungen erfordert (Wurf-Pass-Dribbling), weil der Raum viel enger ist. Ein Wurf muss z.B. viel besser vorbereitet werden, weil der anschließende Rebound für die Defense eine sehr gute Fastbreakmöglichkeit ist. Wenn Raumaufteilung und Wurfauswahl der Offense schlecht sind, schlägt es auf der anderen Seite ein! Damit sind wir beim nächsten Punkt:
- das schnelle Umschalten von Angriff auf Verteidigung findet beim Streetball kaum statt. Bis die Streetballer beim Basketball geschaltet haben, ist der Gegenspieler häufig schon an der Mittellinie.
- Streetballer kommen sehr schnell in Foulprobleme und begehen viele Schrittfehler, die draußen nicht geahndet werden. In der Halle ist das jedesmal ein Ballverlust
- Streetballer haben keine Ahnung, wie man gegen irgend eine Art von Pressverteidigung spielen muss. Sie versuchen wild durchzudribbeln und verlieren den Ball
- Auch gegen Zonenverteidigung (die nach den letzten Regeländerungen wieder vermehrt gespielt wird) haben sie keinen Plan
- Gute Basketballteams spielen ausgeklügelte Systeme, um ihre Angreifer in gute Wurfpostionen zu bringen, und gleichzeitig gute Reboundchancen und Sicherung gegen Fastbreaks zu haben. Das gibt es im Streetball nicht.
- Beim Streeetball geht es in erster Linie um Selbstdarstellung, cool sein, Trash-Talk, 1-1, etc
Beim Basketball geht es dagegen darum, welches Team es schafft, die Fähigkeiten aller Spieler möglichst wirkungsvoll zu kombinieren und durch Zusammenarbeit noch zu verstärken. Gute Teams haben Mittel um herausragende Spieler des Gegners auszuschalten, die es im Streetball gar nicht gibt (dort kannst du z.B. gar nicht doppeln, weil das immer einen 1-0-Korbleger für den freien Mann gibt)
- reine Streetballer sind häufig "uncoachable", weil sie nie einen Trainer gehabt haben, sich deswegen oft maßlos überschätzen, und überhaupt keine Vorstellung von dem haben, was ich oben alles aufgezählt habe
Nicht dass du jetzt denkst, ich hätte etwas gegen Streetballer. Sie sind häufig körperlich und technisch sehr stark und haben deswegen beste Voraussetzungen, auch gute Basketballer zu werden.
Sie müssen aber auch bereit sein, sich all das zu erarbeiten, was die Halle von der Straße unterscheidet, denn in der Halle entscheidet die Kopfarbeit in hohem Maß über Sieg oder Niederlage.
Schau dich einfach mal in der Coaches Corner um: Du wirst vieles entdecken, was dir komplett neu ist, was du als Basketballer aber können musst, um wirklich gut zu sein.
Schönen Gruß
Günter