Run and Jump Defense
Thema 29:
Technikthema – Run and Jump Defense
Taktikthema – Verteidigung 4-4 (gegen 2 Außen- und 2 Innenspieler)
Stefan Richter
Mainz , 06.09.2003
1 Allgemeine Einführung
„Verteidigung ist der Schlüssel zum Sieg“, ist seit längerem eine der Aussagen die den Basketball bestimmen. Immer mehr Coaches verschreiben sich der Defense. HARRIS (1993, S. xiii) formuliert: „…one thing necessary to win consistently: a commitment to playing strong, aggressive defense …“. Für LAMBERT ist konstanter Druck (constant pressure) das wichtige Element einer erfolgreichen Verteidigung. Mit einigen Aspekten von Verteidigung beschäftigt sich die Lehrprobe und die vorliegende Ausarbeitung.
2 Sachanalyse
2.1 Run & Jump Defense
HAGEDORN (1996) bezeichnet die Run & Jump Defense als „Sonderform der Pressverteidigung“ (S. 294) und spricht ihr in Anlehnung an TARKANIAN den Status einer Grundform der Mann-Mann-Verteidigung zu. Diese kann über das komplette Spielfeld, über ¾, ½ oder ¼ des Feldes gespielt werden. LAMBERT weißt darauf hin, dass es besonders im Anfangsstadium sinnvoll ist, das Run & Jump nur im Rückfeld der Angreifer durchzuführen, bis eine gewisses Sicherheit bei den Antizipations- und Rotationsvorgängen der beteiligten Spieler besteht. Die Rotation nach dem „Jump“ kann zwischen zwei und fünf Verteidigungsspieler umfassen. Jedoch wird im Wettkampf meist nur eine 2- oder 3- Mannrotation praktiziert (HAGEDORN 1996). In Abhängigkeit der Anzahl der beteiligten Spieler (zwei oder drei) wird der Verteidiger der vom Ball weg rotiert in die Richtung gehen, aus der der „Jumper“ kommt (bei der 2-Mann-Rotation), oder in die entgegengesetzte Richtung (3-Mann-Rotation).
Ziele der Run & Jump Defense können sein:
· Störung des Spielrhythmus des Gegners
· Beeinflussen des Spieltempos (schneller oder langsamer machen)
· Schwächen eines gegnerischen Aufbauspielers beim Dribbling und/ oder Pass ausnutzen
· Einen starken gegnerischen Aufbauspieler vom Ball trennen
· Das Ausspielen von Mismatches durch den Gegner verhindern
· Das Aufholen von Rückständen durch eigene „einfache“ Körbe nach Ballverlust des Gegners
Aus dem Run and Jump kann direkt eine Doppelsituation entstehen, wie sie im BBV gelehrt wird, oder auch ein einfaches schnelles Wechseln / Rotieren der Verteidiger.
Im BBV (Trainerausbildung 2003) werden die Begriffe „´Trap` on drive“ und „´Trap` on Turn“ benutzt. Beim Trap on Drive (Abb. 2, S. 8) wird der Ballbesitzer dazu „verleitet“ bzw. gezwungen den Ballvortrag an der Seitenlinie entlang durchzuführen. Als Richtlinie für den Verteidiger gilt dabei, dass der Angreifer außerhalb der gedachten Verbindungslinie zwischen den Schnittpunkten der 3-Punktlinie und der Grundlinie dribbeln muss. Ziel des Verteidigers am Ball ist dabei, den Druck auf den Verteidiger so hoch zu halten, dass sich dieser „out of control“ befindet, d.h. dass er sich auf sein Dribbling und den Ballvortrag konzentrieren muss und damit Spielübersicht einbüßt. Beim Trap on Turn (Abb. 1, S.8) wird der Dribbler durch das Positionsspiel des Verteidigers zum Richtungswechsel gezwungen. Aus der neuen Bewegungsrichtung kommt dann der „Jumper“ (zweiter Verteidiger) zum Doppeln bzw. Rotieren dazu. Um den Richtungswechsel zu forcieren muss der Verteidiger am Ball seinen Körper leicht in Laufrichtung vor den Ball und beide Hände zum Ball bringen, um den Verteidiger zu einer Reaktion zu zwingen.
Techniken der Run & Jump Defense
Die Run & Jump Defense setzt sich aus einer Vielzahl von Techniken zusammen, die von jedem einzelnen Spieler beherrscht werden sollten.
· der Ballbesitzer muss vom Verteidiger ständig unter Druck gesetzt und möglichst zu einer Seite gedrängt werden
· ein weiteres Ziel des Verteidigers am Ball ist es, den Angreifer zu mehreren Richtungswechseln zu zwingen (Nase in Ballhöhe, Hände zum Ball, Körper leicht in Laufrichtung vor den Ball)
· nach dem „Jump“ muss der Verteidiger der vom Ballbesitzer wegrotiert schnell seine neue Verteidigungsaufgabe angehen, dafür ist wiederum der Übergang Sprint zu Defensestellung/-schritten von Bedeutung
· der Jump-Verteidiger (der den Ballbesitzer übernimmt) muss in der ´richtigen` Situation zum Ball sprinten und sofort in die Verteidigungsstellung bzw. Verteidigungsschritte übergehen können, ohne großen Zeit- und Gleichgewichtsverlust
· die weiteren Spieler die an der Rotation beteiligt sind müssen die Situation rechtzeitig erkennen und ihre neue Verantwortung (die Passlinie und den neuen Gegenspieler) schnell übernehmen
2.2 Verteidigung 4-4 (gegen 2 Außen- und 2 Innenspieler)
Welche Verteidigungsprinzipien eine Mannschaft im Laufe des Spiels anwendet hängt von ihren Fähigkeiten und der Philosophie des Trainers ab. Damit eine Mannschaft die entsprechende Verteidigung spielen kann, muss der Trainer ihr eine Reihe von Prinzipien der Verteidigung als Leitbild geben. Für die Vereidigung 4-4 gegen 2 Außen – und 2 Innenspieler gibt es eine ganze Reihe von Verteidigungssituationen, für die Prinzipien erarbeitet und erlernt werden müssen. Einige dieser Prinzipien sind bzw. können sein:
· Druck am Ballbesitzer
· ´Mitte zu` am Ballbesitzer
· Verhindern des Anspiels in der Zone ( ¾ Verteidigung, Fronting)
· Kein Swing zulassen / Deny – Stellung einen Pass entfernt vom Ball
· Hilfe von der Weakside
· Doppeln (Lowpost)
· Help the helper
Da diese Vielfalt an Verteidigungstechniken und Taktiken nicht in einer Trainingseinheit zu bearbeiten ist (es sei denn, sie sind bereits bekannt und werden „lediglich“ weiter verfeinert) wird sich der zweite Schwerpunkt der Lehrprobe mit den Grundpositionen der Verteidiger und der Helpdefense, sowie der Rotation nach der Hilfe befassen.
Das Aufbauen der Hilfe von der Weakside ist für den Verteidiger am Ball (und auch im Deny) sehr wichtig, weil das Wissen um die Absicherung durch die Mitspieler ihm erlaubt besonders aggressiv und etwas risikobereiter zu verteidigen. Von Bedeutung ist das Absinken in die Helpside auch wenn ein guter Center auf der Ballseite um eine gute Position im Lowpost kämpft.
Für den Verteidiger der in der Helpside ist, ist wiederum wichtig, dass er sich auf denjenigen Verteidiger verlassen kann, der im Falle der Hilfe seinen Gegenspieler übernimmt (meist der zweite Spieler auf der Weakside).
Der Verteidiger der seinen Gegenspieler „Deny“ verteidigt ist auf die aggressive Arbeit seines Mitspielers am Ball angewiesen, weil nur wenn beide Verteidiger Druck ausüben die Abstimmung der Angreifer effektiv gestört werden kann.
Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass es sich bei der Verteidigung um eine „Mannschafts“-Verteidigung handelt, in der jeder Spieler seine Aufgaben gewissenhaft erfüllen muss. Das Training dieser Aufgaben ist im 4-4 möglich und wird im methodisch/ didaktischen Teil näher beschrieben.
3 Rahmenbedingungen
Die Trainingsgruppe besteht aus leistungsorientierten U18 und U20 Spielern und/ oder Spielerinnen. Ich gehe von einer 12 Spieler starken Trainingsgruppe aus, die Spieler aller Positionen umfasst. Für die Lehrprobe sollte eine Sporthalle mit großen Basketballfeld und 2 Korbanlagen zur Verfügung stehen. Des weiteren werden 8 Kegel und Markierungshemden in 3 Farben (je 4 Stück) benötigt.
4 Trainingsziele
4.1 Run & Jump Defense
· Einführen der Grundprinzipien
· Erlernen der richtigen Durchführung und des richtigen Zeitpunktes der Rotation
· Schnell Druck am neuen Ballbesitzer aufbauen
· Verteidiger weg vom Ball, schnell wieder Help-position einnehmen um den nächsten „Jump“ durchführen zu können
4.2 Verteidigung 4-4 (gegen 2 Außen- und 2 Innenspieler)
· Festigen der Grundprinzipien Verteidigung
· Festigen der Verteidigungspositionen in Abhängigkeit vom Ball (Helpside, Deny, am Ball)
o Guards
o Flügel
o Center
· Erkennen der Situation wenn Hilfe notwendig ist
· Einführung von Rotationen für die Situationen Penetration über die Grundlinie bzw. über die Mitte
5 Methodik / Didaktik
Für die Auswahl der zu verwendenden Trainingsmethoden und didaktischen Mittel ist eine genaue Kenntnis des Leistungsstandes der Trainingsgruppe unabdingbar. Da ich über die Trainingsgruppe diesbezüglich keine weitreichenden Informationen habe, werde ich einen bestimmten Leistungsstand sowie eine bestimmte Zielstellung annehmen und die Trainingseinheit darauf aufbauen. Insgesamt werde ich in allen Bereichen nach den didaktischen Grundsätzen ´vom Leichten zum Schweren`, ´vom Einfachen zum Komplexen` und vom ´Bekannten zum Unbekannten` gehen. Im Rahmen der Trainingseinheit wird aus didaktischen und trainingswissenschaftlichen Gründen das Technikthema Run & Jump Defense als erstes durchgeführt, da zu Beginn des Trainings die Aufnahmefähigkeit der Spieler, wegen der noch nicht einsetzenden neurophysiologischen Ermüdung, noch optimal ist (WEINECK 1994).
5.1 Run & Jump Defense
Für das Thema Run & Jump Defense wird das Ziel sein die grundlegenden Techniken bis zur 3-Mann-Rotation zu erarbeiten. Dieses Ziel soll über die Teillernmethode erreicht werden. Die grundlegenden Individualtechniken: ´Drehen` des Ballbesitzers, Übergang Sprint – Slidesteps und Wegrotieren vom Gegenspieler werden in der Erwärmung wiederholt. Im Hauptteil des Trainings werden wir über die Stufen 1-2 und 2-3 zum 3-3 kommen.
Da im Spiel durch die ständige Rotation bei der Run & Jump Defense auch große Spieler (4 & 5) durchaus am „Jump“ beteiligt sein können, werden alle Spieler alle Drills gemeinsam durchführen. Außerdem halte ich es sowieso für sehr wichtig, dass alle Spieler ein breite Ausbildung haben und die Aufgaben aller Mitspieler (zumindest) kennen, um sich in deren Lage versetzten zu können.
Grundprinzipien der Run & Jump Defense sind:
· Am Ballbesitzer
o Zwinge den Angreifer zum Dribbling
o Zwinge den Angreifer mit Ball zu Seite – verhindere jede Penetration über die Spielfeldmitte (Korb-Korb-Linie)
o Zwinge den Angreifer mit Ball zu Richtungswechseln, besonders im Bereich der Seitenlinien, indem Du deinen Körper leicht vor und beide Hände zum Ball bringst (ABER: kein Reaching / reingreifen)
· „Jumper“
o bewege dich ständig um deine Triangle-Position zum Ball und deinem Gegenspieler aufrecht zu erhalten
o Überrasche den Ballbesitzer mit deinem „Jump“, sprinte wenn du den Rücken des Ballbesitzers siehst
o Sprinte beim „Jump“ mit vollem Tempo auf den Dribbler zu (ABER: nicht vorbei stürzen) und gehe sofort in Defensehaltung über und rufe laut „Jump“ um deinem Mitspieler zu signalisieren, wann er den Ballbesitzer verlassen kann/ soll
· Andere Spieler in der Rotation
o Jeder Spieler muss bei jedem „Jump“ schnell ´weg vom „Jump“` rotieren und sofort seine neue Verteidigungsaufgabe übernehmen
Diese Prinzipien dienen gleichzeitig als Handlungsanweisungen für die Trainingsgruppe.
5.2 Verteidigung 4-4 (gegen 2 Außen- und 2 Innenspieler)
In diesem Thementeil werde ich auf die ganzheitliche Lernmethode zurückgreifen. Dies bedeutet, dass alle Verteidiger von Beginn an zusammen auf die Aktionen der Angreifer reagieren. Zu Beginn werden die Aktionen der Angreifer eingeschränkt sein, um den Verteidigern die Möglichkeit zu geben sich immer wieder zu organisieren. Diese kontrollierte Situation mit langsamen Aktionen der Offense gibt außerdem die Möglichkeit besser korrigieren zu können.
Grundlegende Prinzipien und Handlungsanweisungen:
· Rede in der Defense
· Sieh immer den Ball und deinen Gegenspieler (Aufmerksamkeitsverteilung ca. 2/3 Gegenspieler, 1/3 Ball)
· Sei ständig in Bewegung und passe deine Position der Position von Ball und Gegenspieler an (Dreiecksposition)
· Verteidige den Ballbesitzer nach dem Prinzip „Mitte zu“
· Verteidige den Lowpost Center auf der Ballseite in ¾ Stellung mit einem Arm im Passweg
o Wenn Ball oberhalb gestrichelter Freiwurfkreis – Defense von oben (Freiwurflinie)
o Wenn Ball unterhalb gestrichelter Freiwurfkreis – Defense von der Baseline
o Übergang von ´oben` nach ´unten` erfolgt über ´Fronting` ; zwei Sternschritte vor dem Center entlang
· Beim Wurf des Gegners, suche den nächsten Angreifer und boxe ihn aus um den Defensivrebound zu sichern
6 Trainingsplan
Dauer | Drill |
| Trainingsziel |
| Organisation | ||
2 | 2 | Begrüßung |
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| |||
10 | 8 | Einlaufen/ Laufschule | allgemeine Erwärmung |
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15 | 5 | Stretching | allg. Erwärmung/ Beweglichkeit | individuell | |||
20 | 5 | 1000 mph | spezielle Erwärmung/ |
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| Übergang Slide-Sprint |
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25 | 5 | 1-1 turn the ball | spez. Erwärmung/ Verteidigung am | paarweise | |||
| Ball | Seitenlinie und Korb- | |||||
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| Korblinie | |
27 | 2 | Erläuterung |
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32 | 5 | 1-2 R&J | Grundlagen des Zusammenwirkens | 3er Gruppen | |||
| beim R&J, Angriffsrichtung, Zeit, | Seitenlinie und Korb- | |||||
| Wiederaufnehmen des Gegenspielers | Korblinie | |||||
39 | 7 | 2-3 R&J | R&J mit einfacher 3-Mann-Rotation | 5er Gruppen/ Seitenlinie | |||
keine Lob- & |
| Zonenrand / 2 Off. + 3 Def. | |||||
Vorwärtspässe |
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49 | 10 | 3-3 R&J | R&J mit spielnaher 3-Mann-Rotat./ on turn | 6er Gruppen/ Seitenlinie | |||
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| & on drive |
| Zonenrand / 3. Off. + 3 Def. | |
54 | 5 | 5×2 Freiwürfe |
| Aktiver Erholung |
| 2 Gruppen | |
56 | 2 | Erläuterung |
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| |||
66 | 10 | shell drill | Verteidigerpositionen in Abhängigkeit | 4-4 Halbfeld ohne Driblling / stationäre Angreifer | |||
2 post + 2 außen | vom Ball | / 20 Pässe für Offense | |||||
|
| / dann Wechsel O>D, O neu | |||||
78 | 12 | shell drill | Verteidigungspositionen und Helprot- | 4-4Halbfeld mit Dribbling | |||
2 post + 2 außen | ation | / Dribbling nach 4 Pässen | |||||
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| / Angreifer in Zonen frei | |||||
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| / 10 Angriffe für Offense | |
80 | 2 | Pause | Trinken/ Erfrischung | ||||
90 | 10 | Defense wins drill | Anwendung und Spiel 4-4 | 4-4-4 drill/ defense macht punkte/ wenn offense punktet wird O>D, neue O rein | |||
| bis 7 Punkte | ||||||
100 | 10 | Cool down | Auslaufen und Stretching | individuell | |||
Drills Abb. 1: Run&Jump – Trap on Turn |
Abb. 2: Run&Jump – Trap on Drive | ||||||
Abb. 3: defense wins drill |
7 Literaturverzeichnis:
BERLINER BASKETBALL VERBAND: unveröffentlichtes Manuskript zur C-Trainerausbildung des BBV. Berlin, 2003
HAGEDORN, G.; NIEDLICH, D.; SCHMIDT, G.-J. (Hrsg.): Handbuch Basketball. Rowohlt
Taschenbuchverlag, Reinbek b. Hamburg, 1996
HARRIS, D.: Winning Defense – A guide for players and coaches. Masters Press,
Indianapolis, 1993
LAMBERT, A.: Teaching the Run and Jump Pressure Defense.
https://www.bbhighway.com/Talk/Coaching_Box/Clinics/clinic_archives.asp (datiert
vom 03-08-2003)
WEINECK, J.: Optimales Training. Perimed-spitta, Balingen, 1994
WISSEL, H.: Basketball – Steps to success. Human Kinetics, Champaign, IL, 1994
WOODEN, J.: Practical Modern Basketball. Ally & Bacon, Needham Heights, MA, 1999
WOOTTEN, M.: Coaching Basketball Successfully. Human Kinetics, Champaign, IL, 1992