Trainingslehre für Basketballtrainer/-innen

Einleitung

Nach meiner Erfahrung verfügen sehr viele Basketballtrainerinnen und -trainer, bei allem Basketball-Fachwissen, leider nur über sehr bescheidene Kenntnisse im Bereich der allgemeinen Trainingslehre und der damit verbundenen biologischen Grundlagen. Dies trifft insbesondere für unlizensierte, aber leider auch in erschreckendem Ausmaß für lizensierte Trainer zu, denn selbst eine A-Lizenz ist keine Garantie dafür, dass wirklich fundierte Kenntnisse auf diesem elementaren Gebiet vorliegen.

Falsches Training kann im schlimmsten Fall schwere, irreparable Schäden am Bewegungsapparat hervorrufen, zumindest aber eine optimale sportliche Entwicklung verhindern. Das gilt natürlich in besonderem Maß für das Kinder- und Jugendtraining.

An erster Stelle stehen hierbei die Knorpelschäden in Sprunggelenk, Kniegelenk und Wirbelsäule, die durch keine Behandlungsmethode behoben werden können. Ein einmal geschädigter Gelenkknorpel kann sich nie mehr regenerieren, die von manchen Ärzten immer noch verordneten Pillen- oder Spritzenkuren sind nachweislich völlig wirkungslos! Es gibt unzählige Spieler, deren Sportfähigkeit durch falsches Training im Jugendbereich stark eingeschränkt ist. Selbst in Landeskadern und Nationalmannschaften lassen sich zum Teil haarsträubende Traininingsmethoden beobachten, die – frei nach Darwin – nur die wirklich Robusten unbeschadet überstehen können.

Nur zwei Beispiele: Einem fünfzehnjährigen Nationalspieler, der bei 182 cm Körpergröße locker aus dem Stand dunkt, wird in einem Leistungszentrum zusätzliches, dazu noch einseitiges Sprungkrafttraining verordnet. Resultat: Abriß der Patellasehne beim Absprung, ohne jegliche Fremdeinwirkung, nur durch die eigene Kraft die Sehne aus dem noch im Wachstum befindlichen Knorpel herausgerissen!

Ein gleichaltriger Landesauswahlspieler erleidet dank derselben "Fördermaßnahme" einen Bandscheibenvorfall. Beide spielen heute nicht mehr Basketball!

Um dieser "natürlichen Auslese" vorzubeugen, habe ich für die TrainerInnen im BC Wiesbaden das hier veröffentlichte Handbuch zusammengestellt, mit dessen Hilfe man in der Lage sein sollte, die schlimmsten Fehlerquellen auszuschalten.

Ich halte eine solche Information auch deshalb für ungeheuer wichtig, weil aufgrund des Basketball-Booms in den letzten Jahren fast alle Vereine gezwungen waren, zunehmend jüngeren, unerfahrenen und unausgebildeten Trainern die Verantwortung für Jugendmannschaften zu übertragen, natürlich vor allem Minis, D- und C-Jugendliche, damit der Altersunterschied zwischen Trainern und Spielern nicht allzu gering wird.

Das bedeutet allerdings nichts anderes, als dass man die unerfahrensten Trainer gerade die Mannschaften betreuen läßt, bei denen man die meisten und gravierendsten Fehler begehen kann! Den Trainern kann man natürlich keinen Vorwurf machen, schon eher den Verantwortlichen in den Vereinen, die diese Einsteiger zwar in organisatorischen Dingen meist einigermaßen unterstützen, sie aber in puncto Trainingspraxis nur allzu oft im Regen stehen lassen.

Ich würde mich freuen, wenn die Vereinsverantwortlichen, die diese Zeitschrift erhalten, diesen Beitrag allen Trainern und Trainerinnen zukommen ließen, denn sicherlich wird auch so mancher "alter Hase" das eine oder andere interessante Detail darin entdecken können.

Zu meiner Person: Sport- und Englischlehrer an der Wiesbadener Gutenbergschule, Basketball-B-Lizenz seit 1988, Jugendwart und –trainer im BC Wiesbaden, früher Herrentrainer in der Ober- und Regionalliga bei USC Mainz und BC Wiesbaden. Nicht zuletzt aufgrund eigener Verletzungen infolge falschen Trainings, beschäftige ich mich seit Jahren intensiv mit Sportmedizin und Trainingslehre.

Für Fragen, Anregungen und Kritik stehe ich gerne zur Verfügung: Bitte Feedbackformular auf dieser Website benutzen.

(Ich bitte um Verständnis, dass aus Platzgründen im Folgenden immer nur die männliche Form verwendet wird)

    • Grundsätzliches zum Trainingsaufbau


1. Aufwärmen

Die Aufwärmphase dauert mindestens 20 Minuten und besteht aus allgemeiner Erwärmung und Dehnen. Um die meist knapp bemessene Trainingszeit optimal zu nutzen, sind einfache sportartspezifische Übungen – ohne Gegenspieler – mit niedriger bis mittlerer Intensität, z.B. lockere Technikdrills (Wurfübungen, 8er-Lauf, Ballhandling) oder das Durchlaufen von Spielzügen, sinnvoller als ödes ‚Rundenlaufen‘. Auch die weiter hinten beschriebenen körperstabilisierenden Übungen lassen sich gut in die Aufwärmphase einbauen.

Das Dehnprogramm muß alle beanspruchten Körperpartien umfassen, d.h. Beine, Arme und Rumpfmuskulatur. Das immer noch verbreitete heftige Wippen und Federn ist zu vermeiden, denn es bewirkt, aufgrund des Muskelschutzreflexes, statt der angestrebten Dehnung eine Verkürzung der Muskulatur!

Zum Thema gibt es inzwischen ein Vielzahl an Literatur, z.B. aus der RORORO Sportreihe:
Jürgen Freiwald: "Aufwärmen im Sport", 1991, ISBN 3 499 18642 und
Karl-Peter Knebel: "Funktionsgymnastik", 1990, ISBN, 3 499 17628 9

[Hinweis: Zum Thema "Dehnen im Aufwärmprogramm" gibt es neuere Erkenntnisse, die den Sinn des statischen Dehnens vor Wettkämpfen grundsätzlich in Frage stellen, u.a. weil dadurch die Muskelspannung und damit die Leistungsfähigkeit vorübergehend abnimmt. Schaut euch dazu auch im Forum um, dort finden sich entsprechende Diskussionen!]

Von Jürgen Freiwald erscheint im Januar 2005 "Das neue Dehnen".

Eine sehr gute Übersicht für sportwissenschaftlich Interessierte findet sich HIER.

Wer sich noch nie ausführlicher mit diesem Bereich befaßt hat, sollte sich unbedingt Fachliteratur dazu besorgen, denn falsches Dehnen ist mindestens genauso schädlich wie kein Dehnen. Es gibt etliche traditionelle Dehnübungen, die mehr schaden als nutzen (z.B. Hürdensitz), und die man tunlichst vermeiden sollte. Diesen ist im Buch von Knebel sogar ein eigenes Kapitel gewidmet.

Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Dehn-/Stretchingkonzepten, die von ihren "Erfindern" teilweise wie Religionen rigoros verfochten werden. Von Stretching zum Aufwärmen sollte man eigentlich gar nicht mehr sprechen, da damit von den meisten Autoren ein sehr langes, ausgiebiges Dehnen bezeichnet wird, das zur Entspannung der Muskulatur und zur Senkung des Muskeltonus‘ dient. Das ist natürlich zum Aufwärmen im Basketball völlig ungeeignet. Grundsätzlich sollte die Dehnphase mindestens 30 Minuten vor Wettkampfbeginn liegen, um diesen negativen Effekt zu vermeiden.

Ich empfehle meinen Spielern, jede Dehnposition dreimal für ca. 5 Sekunden zu halten, zum Abwärmen nach dem Spiel oder Training dürfen es 20 Sekunden sein. Letztlich lassen sich diese Zeitangaben nicht pauschal festlegen; Sportler die sich regelmäßig dehnen, entwickeln mit der Zeit ein gutes Gefühl für ihre individuellen Erfordernisse. Man sollte allerdings darauf achten, dass nicht manche "Naturtalente" schon nach 30 Sekunden intuitiven Alibistretchings schon zu den ersten Dunkingversuchen ansetzen. Am Besten setzt man zum Dehnen eine Zeit von 5 Minuten fest, in der kein Spieler einen Ball anfassen darf.

Wichtig ist weiterhin, dass nicht einseitig gedehnt (oder gestrecht) wird, sondern dass die jeweiligen Gegenspieler (Antagonisten) gleichermaßen trainiert werden (z.B. Kniebeuger – Kniestrecker).

Geeignete Dehnprogramme lassen sich in der oben aufgeführten Literatur nachschlagen.

Die wichtigsten Auswirkungen eines richtig durchgeführten Aufwärmprogramms:

  • Erhöhung der Körpertemperatur, v.a. in der beanspruchten Muskulatur, dadurch
  1. Verbesserte Durchblutung, Versorgung mit Nährstoffen, Entsorgung von Stoffwechselprodukten
  2. Erhöhung der Nervenleitgeschwindigkeit, damit verbesserte Reaktions- und Muskelkontraktionszeit
  3. Verdickung und höhere Elastizität der Gelenkknorpel, Menisken, Bandscheiben

Dies zusammen führt zu

  1. einer deutlich verringerten Verletzungsgefahr
  2. einer deutlichen gesteigerten Leistungsfähigkeit durch größere Schnelligkeit, Kraft, Beweglichkeit und bessere Koordination
  3. einem Abbau negativer psychischer Faktoren wie Nervosität oder Angst, somit zu verbesserter Konzentrationsfähigkeit

 


2. Hauptteil

  • Allgemeine methodische Grundsätze für Übungsreihen:
  1. Vom Leichten zum Schwierigen
  2. Vom Einfachen zum Komplexen
  3. Vom Bekannten zum Unbekannten.

  • Technisch-taktische Inhalte: grundsätzlich erfolgt die Schulung neuer, koordinativ schwieriger und/oder geistig anspruchsvoller Inhalte im ersten Teil des Trainings, da hier die volle Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit noch zur Verfügung steht. Andernfalls riskiert man, dass sich aufgrund von Ermüdung fehlerhafte Bewegungsabläufe einschleifen, die sich später nur schwer korrigieren lassen. Wenn Spieler am Ende eines intensiven Trainings nicht in der Lage sind, komplizierte neue Spielzüge richtig durchzuführen, liegt es weniger an ihrer Unfähigkeit als am Unvermögen des Trainers. Will man bestimmte taktische Maßnahmen in Spielformen schulen, sollte dies zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Trainings erfolgen und nicht, wie so häufig praktiziert, in der letzten Viertelstunde.
  • Konditionelle Inhalte: grundsätzlich gilt die Reihenfolge "Schnelligkeit vor Kraft vor Ausdauer".
  • Schnelligkeitstraining muß mit maximaler Geschwindigkeit durchgeführt werden, also am Anfang des Trainings (aber erst nach gründlichstem Aufwärmen!). Führt Ermüdung zu Geschwindigkeitsverlust, ist die Übung abzubrechen, bzw. müssen die Pausen zwischen den Wiederholungen verlängert werden. Schnelligkeitstraining unter Ermüdung führt zu Schnelligkeitsverlust, da sich submaximale Bewegungsabläufe einprägen!
  • Krafttraining wird am besten in gesonderten Trainingseinheiten durchgeführt. Ist dies nicht möglich, muß es unbedingt nach allen Spielformen durchgeführt werden, um Verletzungen zu vermeiden. Kein Krafttraining mit Zusatzgewichten vor dem 16. Lebensjahr und auch danach nur unter wirklich kompetenter Anleitung. Leider gibt es gerade in diesem heiklen Bereich viele Dilettanten, die sich für kompetent halten, nach dem Motto: "Ich habe immer Tiefsprünge mit 100kg-Hanteln gemacht, mir hat’s auch nicht geschadet!"
  • wird ein spezielles Ausdauertraining durchgeführt, muß es – aus obigen Gründen – am Ende der Trainingseinheit stehen.

 


3. Abkühlen/Cool down

Mindestens 10 Minuten Auslaufen und Stretching. Diese Phase wird immer noch sehr vernachlässigt. Nach einem intensiven Training ist das Abkühlen jedoch unverzichtbar, um den vollen Trainingseffekt zu erreichen. Es beruhigt Atmung und Kreislauf und beseitigt einen Großteil der entstandenen Stoffwechselprodukte. Stürzt man direkt nach dem Training unter die Dusche, verbleiben Milchsäure und Co. in der Muskulatur, verursachen Müdigkeit, Anspannung und Muskelkater und verhindern die optimale Anpassung an die Trainingsbelastungen. Die notwendige Erholungszeit bis zur vollständigen Wiederherstellung verlängert sich dadurch, je nach Trainingsintensität, um ein bis drei Tage!

Grundsätzlich werden nach dem Auslaufen die gleichen Dehnübungen durchgeführt wie beim Aufwärmen, allerdings verlängert sich die Haltezeit auf 20 Sekunden.


 

    • Training der konditionellen Grundeigenschaften

Das meiner Ansicht nach beste und umfassendste Buch zur Trainingslehre auf dem deutschen Markt ist "Optimales Training" von Jürgen Weineck, 9. Auflage, PERIMED-Verlag, 1996, ISBN 3-929587-61-0. Es enthält wirklich alles, was man über sportliches Training wissen muß und geht besonders auf die speziellen Aspekte des Kinder- und Jugendtrainings ein, bei dem man aus Unkenntnis wirklich schwerwiegende Fehler begehen kann. Leider kostet das Buch satte 98.- DM, die sich aber mit Sicherheit bezahlt machen.


1. SCHNELLIGKEITSTRAINING

Die Schnelligkeit ist unmittelbar abhängig vom Anteil an schnellen, hellen (FT-Fasern, "fast twitch") und langsamen, dunklen (ST-Fasern, "slow twitch") Muskelfasern in der Muskulatur. Dieser ist genetisch vorbestimmt, wer also mit einem hohen Anteil an FT-Fasern geboren wird, ist ein Schnelligkeitstalent. Schnelle Fasern lassen sich durch Ausdauertraining vorübergehend zu langsamen umbauen, umgekehrt ist das leider nicht möglich!

Wegen dieser genetischen Abhängigkeit lassen sich nur komplexe Schnelligkeitsformen wie Kraftschnelligkeit und Schnelligkeitsausdauer indirekt über die Verbesserung des Kraft- bzw. Ausdauerniveaus deutlich steigern, die reinen Schnelligkeitsformen (Reaktions-, Aktions-, Frequenzschnelligkeit) dagegen kaum.

Es gibt aber im Alter von ca. 10 bis 14 Jahren eine Phase, in der Kinder einen relativ großen Anteil an sogenannten intermediären Fasern besitzen, die noch nicht auf FT oder ST festgelegt sind. Bei Jungen beträgt dieser Anteil bis zu 14%, bei Mädchen bis zu 10%. Werden Kinder in diesem Alter also betont schnelligkeitsorientiert trainiert, läßt sich durch die Umwandlung von Intermediärfasern in FT-Fasern die Schnelligkeit erheblich verbessern. Umgekehrt wird durch hohe Ausdauerbelastungen in diesem Alter der Anteil an ST-Fasern erhöht – das mögliche Plus an Schnelligkeitsfähigkeit also unwiederbringlich verschenkt!

Die wichtigsten Grundsätze

  • Bewegungstechnik und -koordination sind von entscheidender Bedeutung für Schnelligkeitsleistungen, d.h. nur mit perfekter Technik erreicht man seine maximale Schnelligkeit
  • Maximal- und Schnellkraft wirken sich positiv auf Schnelligkeit aus
  • eine Erhöhung der Maximalkraft in Verbindung mit koordinativ-technischen Übungen steigert hochgradig die Schnelligkeitsleistung, Krafttraining mit überproportionaler Zunahme an Körpermasse ist jedoch nicht geeignet. Für Basketballer ist daher das sogenannte intramuskuläre Koordinationstraining (die Kraftzunahme resultiert hierbei überwiegend aus einer Kraftzunahme der einzelnen Muskelfaser, ohne großes Dickenwachstum, und aus dem verbesserten Zusammenspiel der Muskelfasern) zweckmäßig (siehe unten, Krafttraining).
  • Muskuläre Dysbalancen (Beuger-Strecker-Ungleichgewicht, z.B. zwischen vorderer und hinterer Oberschenkelmuskulatur), häufig verursacht durch falsches, einseitiges Training, bewirken einen erheblichen Verlust an Schnelligkeit und Koordination und erhöhen das Verletzungsrisiko
  • Muskuläre Dehnfähigkeit optimiert die Muskelausbildung und somit die Schnelligkeitsleistung
  • Spezifische (lokale) Ausdauer hat positive Wirkungen auf die Schnelligkeitsleistung
  • im Schnelligkeitstraining geht Qualität vor Quantität, d.h.: höchstmögliche Schnelligkeit wird durch einen komplizierten Steuerungs- und Regelungsprozeß erzielt – man verbessert seine Schnelligkeit nur bei maximal schneller Bewegungsausführung.
  • Schnelligkeitsübungen mit submaximaler Geschwindigkeit fördern Bewegungsmuster im Gehirn mit ebenfalls submaximaler Geschwindigkeitsausprägung, nicht mit maximaler, d.h.: zu viele Läufe im submaximalen Bereich machen den Sprinter langsamer!


(Quelle: Grosser, "Schnelligkeitstraining", s.u.)

Grundregeln für die Trainingspraxis:

  1. Schnelligkeitsübungen nur im ausgeruhten Zustand, also zu Beginn des Trainings (nach intensivstem Aufwärmen!) durchführen
  2. schon bei geringen Geschwindigkeits- oder Präzisionsverlusten die Übungen sofort einstellen
  3. ausreichend lange Serienpausen (2-4 Min.) einhalten, je müder die Spieler werden, desto länger müssen die Pausen sein

Hält man sich nicht an diese Regeln, trainiert man die Schnelligkeitsausdauer, die im Basketball natürlich auch sehr wichtig ist. Die Grundschnelligkeit seiner Spieler verbessert man damit aber nicht!

Im Training der Minis bis C-Jugendlichen hat das Schnelligkeitstraining ganz klar Vorrang vor der Ausdauer, es ist also vor allem auf ausreichende Erholungsphasen im Training zu achten, damit Bewegungen mit maximaler Geschwindigkeit ausgeführt werden können. Häufige intensive Ausdauerbelastungen bis zur Erschöpfung sind tabu, sie sind absolut nicht altersgerecht und können im Extremfall sogar das Wachstum beeinträchtigen!

Literaturtip: Manfred Grosser, "Schnelligkeitstraining", BLV Sportwissen, 1991, ISBN 3-405-13578-8


 

2. KRAFTTRAINING

Man kann es nicht oft genug betonen: Krafttraining mit hohen Zusatzgewichten ist für im Wachstum befindliche Jugendliche bis ca. 16 Jahre absolut tabu. Man kann damit schwere irreparable Schäden an Wirbelsäule und Gelenken verursachen und sogar das Wachstum stören! Besonders kritische Phasen stellen die Wachstumsschübe dar, in denen Jugendliche bis zu 1,65 cm an einem einzigen Tag und bis zu 2,5 cm pro Woche wachsen können! Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, wie Liegestütze, Klimmzüge, Sprünge und die weiter unten beschriebenen körperstabilisierenden Übungen, sind in dieser Phase völlig ausreichend und effektiv.

Hanteltraining ist grundsätzlich nur mit einem Partner durchzuführen, niemals allein!

Trainingsziel: Erhöhung der Maximalkraft durch kombiniertes Maximalkrafttraining, d.h. Kraftzuwachs durch Vergrößerung des Muskelquerschnitts und – vor allem – Verbesserung der intramuskulären Koordination (Zusammenarbeit der einzelnen Muskelfasern). Ein zu starker Zuwachs an Muskelmasse ist für den Basketballer nachteilig, weil er dadurch schwerfällig, unbeweglich und langsam wird!


Trainingshäufigkeit: In der Vorbereitungsphase mindestens zwei, möglichst drei Trainingseinheiten pro Woche zum Kraftaufbau. Während der Saison mindestens 1x pro Woche zur Krafterhaltung. Um einen optimalen Erfolg des Krafttrainings zu erzielen, sollen die gleichen Muskelgruppen nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen trainiert werden. Richtige Regeneration ist genauso wichtig wie richtige Belastung (s.u.).

Krafttraining für die Beine nicht am Nachmittag oder Abend vor dem Basketballtraining durchführen >> erhöhte Verletzungsgefahr durch Ermüdung!


Trainingsverfahren: Zur Rumpfstabilisation empfehlen sich in jedem Basketballtraining körperstabilisierende Übungen. Sie eignen sich auch bestens zum AUFWÄRMEN vor dem Hanteltraining und sind unbedingt notwendig, um Schädigungen der Wirbelsäule zu vermeiden. Jedes Krafttraining für Arme und Beine muß mit Übungen zur Rumpfkräftigung (Bauch- und Rückenmuskulatur) einhergehen.


  1. Maximalkraftfeststellung: Finde bei jeder Übung das Gewicht heraus, das Du gerade 10x bewältigen kannst.
  2. Muskelaufbautraining: Mit diesem Gewicht, das ca. 60% Deiner Maximalkraft entspricht, machst Du dann bis zu 6 Sätze (Durchgänge) á 10 Wiederholungen. ACHTUNG: zur Vermeidung von größerem Muskelkater am Anfang machst Du im erstenTraining nur 3 Sätze, im zweiten 4 Sätze, usw. Zwischen den Sätzen 1-2 Minuten Pause, dabei die beanspruchte Muskulatur dehnen .
  3. Progression und intramuskuläres Koordinationstraining: wenn Du im letzten Satz noch mehr als 10 Wiederholungen schaffst, erhöhe beim nächsten Training das Gewicht um ca. 5%. Nach ca. 6 Wochen (bei mindestens zwei Einheiten pro Woche) dieses Muskelaufbautrainings erhöhst Du das Gewicht so weit, dass Du nur noch ca. 6 Wiederholungen schaffst. Mit diesem intramuskulären Koordinationstraining (IMK) erreichst Du dann einen optimalen Kraftzuwachs ohne übermäßige Zunahme an Muskelmasse.
  4. Stretching: nach jedem Krafttraining mindestens 10 Minuten Stretching der beanspruchten Muskulatur zur Erhaltung der Beweglichkeit und zum schnelleren Abtransport der Stoffwechselprodukte (Milchsäure). Auch zwischen den Sätzen muß gedehnt werden, damit sich die Muskulatur nicht verkürzt.
  5. Ausgewogenheit: es darf nicht einseitig trainiert werden, d.h. der jeweilige Antagonist (Gegenspieler) muß mittrainiert werden. Beispiel: Armstrecker – Armbeuger, Beinstrecker – Beinbeuger, Bauch – Rücken.
  6. Geräte: Grundsätzlich sind Übungen mit freien Hanteln effektiver als mit geführten Gewichten an Maschinen, da sie mehrdimensional wirken. Geführte Gewichte verlangen Kraftaufwand nur in einer einzigen Richtung, aber keine seitliche Stabilisation, sie können daher zu muskulärem Ungleichgewicht führen! Solche Dysbalancen beeinträchtigen Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit, und Vergrößern das Verletzungsrisiko erheblich. Übungen mit Hanteln sind allerdings technisch schwieriger und sollen nur unter ständiger Kontrolle eines Partners oder Trainers erfolgen, der im Notfall helfen kann.
  7. Trainingsheft: darin hältst Du Datum und Belastung festhältst (z.B.: 21.05., Schrägbank 6 Sätze x 10 Wh. x 30kg)

 Vorschlag für ein basketballspezifisches Kraftgrundprogramm:

1. Schrägbankdrücken mit freier Hantel. Es ist für Basketballer sinnvoller als Flachbankdrücken, da die Bewegung dem Wurf ähnlicher ist, die Muskulatur also spezifischer trainiert wird:

– Bankneigung ca. 45 Grad
– Griffhaltung: Hände über den Ellenbogen
– Ziel: Gesamter Schulter-, Brust- und Armstreckerbereich, Verbesserung Wurf- und Paßkraft.
– Ausführung: Knie- und Hüftwinkel ca. 90 Grad, der Lendenwirbelbereich darf nie den Kontakt mit der Bank verlieren (= nicht ins Hohlkreuz gehen). Habe einen "Nothelfer" in der Nähe!

2. ‚Barpulls hinten‘ (Stange hinter dem Kopf nach unten ziehen), Bankziehen oder Klimmzüge

– Ziel: Armbeuger, obere Rückenmuskulatur

3. Beinpresse oder Beincurls im Sitzen (Strecken)

– Ziel: Kniestrecker (Sprung, Sprint)
– Rücken gerade halten
– falls die Höchstlast des Geräts nicht ausreicht, einbeinig ausführen
– Ausführung: Rücken immer gerade, auf keinen Fall mit Kniewinkel unter 90 Grad arbeiten, optimal sind Bewegungen zwischen 100 und 170 Grad (nicht in die volle Streckung gehen)!

4. Beincurls liegend, bäuchlings (Beugen)
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– Ziel: Kniebeuger (Kniestabilisation bei Landungen und Stops)

– unbedingt nur einbeinig ausführen, anderes Bein 90 Grad anbeugen, es sei denn, die Curlbank knickt im Hüftbereich nach unten ab. Die Hüfte darf nie angehoben werden, sonst kommt es zu einer Überbelastung der Lendenwirbelsäule. Bei flachen Curlbänken kann man sich mit einer Unterlage unter der Hüfte (Schaumstoffkeil, Handtuchrolle) von 15-20 cm Dicke behelfen.

Achtung: bei Beincurls ist unbedingt darauf zu achten, dass die Drehachsen der Curlbank und des Kniegelenks übereinstimmen. Ist das nicht der Fall, sollte man laßt die Finger, bzw. die Beine von dem Gerät lassen, um Knorpelschäden an der Kniescheibe zu vermeiden!

 

5. Sit-ups: Knie- und Hüftwinkel 90o, Füße nicht fixieren, Oberkörper maximal 45o anheben, Wirbelsäule dabei nicht aufrollen, sondern mit mit möglichst geradem Rücken anheben. Die Hände nicht in den Nacken legen (erzeugt Druck auf die Halswirbelsäule), sondern vor der Brust verschränken (leichter) oder an den Schläfen anlegen (schwieriger). Die Nase führt die Bewegung schräg nach oben, nicht das Kinn auf die Brust legen.

Sit-ups mit gestreckten und fixierten Beinen trainieren hauptsächlich die Hüftbeugemuskeln, nicht die Bauchmuskeln.

 

wpe8.jpg (16765 Byte) 6. Adlerschwingen (Rumpfaufrichten in Bauchlage, z.B. auf Kasten): Oberkörper aus 90o-Beugung in die Waagrechte bringen. Nicht über die Waagrechte hinaus ins Hohlkreuz gehen. (Abbildung 3)

Varianten mit zunehmender Belastung:

1. Arme vor der Brust oder im Nacken verschränken

2. Arme nach vorne strecken
3. mit Hantelscheibe vor der Brust oder Gewichtsweste

Bei anderen Übungen bitte immer erst einen wirklich kompetenten Fachmann fragen oder ein gutes Buch zu Rate ziehen! Falsches Krafttraining kann schlimme, irreversible Folgen haben.

Lieraturtip: Hans-R. Kunz u.a.: "Krafttraining", Thieme-Verlag, 1990, ISBN 3-13-748501-0

 

3. AUSDAUERTRAINING

Obwohl das Ausdauertraining allgemein als ungefährlich betrachtet wird, sind auch hier einige wichtige Aspekte zu beachten.

Im Jugendbereich kann ein extrem umfangreiches, intensives Ausdauertraining während Wachstumsphasen zu einer Beeinträchtigung des Wachstums führen, da es zu einer Dominanz des Betriebsstoffwechsels über den Baustoffwechsel kommen kann. Das bedeutet, dass der Körper so sehr mit der Deckung des durch die Ausdauerbelastung benötigten Energiebedarfs beschäftigt ist, dass nicht mehr genügend Eiweiß für die Wachstumsvorgänge bereitgestellt werden kann. Ausreichende Erholungs- und Regenerationsphasen sind also auch hier von größter Wichtigkeit.

Die zum Basketballspielen notwendige Ausdauer kann man natürlich sehr gut mit Spielen und Spielformen trainieren. Trotzdem ist es sinnvoll, zur Saisonvorbereitung und zur langfristigen Verbesserung der Ausdauer ein gesondertes leichtathletisches Ausdauertraining durchzuführen. Am angenehmsten läßt sich das in Form von Waldläufen gestalten, da das Rundendrehen im Stadion schnell langweilig wird.

Für Laufstrecke und Intensität gilt grundsätzlich: je weiter die nächste Wettkampfsaison entfernt ist, desto länger ist die Laufstrecke (Trainingsumfang) und desto geringer das Tempo (Trainingsintensität). Je näher das erste Spiel kommt, desto geringer wird der Streckenumfang bei steigender Intensität. Der Gesamtumfang eines Ausdauertrainings sollte immer mindestens 5000m betragen, dies entspricht in etwa der Strecke, die man bei einem Basketballspiel maximal zurücklegen kann. Eine besondere Rolle spielt das Intervalltraining, weil es von der Beanspruchungsform her dem Basketballspiel sehr ähnlich ist. Es verbessert die Erholungsfähigkeit und die sogenannte Laktattoleranz, d.h. die Fähigkeit, trotz eines hohen Milchsäurespiegels (der bei jeder intensiven Belastung auftritt) kontrollierte und intensive Muskelarbeit zu leisten.

Für die Praxis bedeutet das: zu Beginn der Vorbereitungsperiode sind zur Verbesserung der Grundlagenausdauer Dauerläufe (ohne Pausen) in gleichmäßigem, gemäßigtem Tempo von 5 bis 15 km Länge angesagt. Später folgt ein sogenanntes extensives Intervalltraining, d.h. mehrere längere Strecken in zügigem Tempo (Belastungsintensität 60-80%) mit "lohnenden Pausen". Eine lohnende Pause ist beendet, wenn die Pulsfrequenz auf 120-130 Schläge/min abgesunken ist. Man läuft also beispielsweise nicht mehr 5km nonstop in 25 Minuten, sondern 5 x 1000m in jeweils 4 Minuten, mißt nach jedem Lauf die Pulsfrequenz am Handgelenk oder am Hals (15sek messen und mit 4 multiplizieren, jede Minute wieder messen) und beginnt den nächsten Lauf, wenn wieder 120 Schläge erreicht sind.

Unter Beibehaltung des Prinzips der lohnenden Pause werden die Laufstrecken weiter verkürzt und zugleich intensiviert (Belastungsintensität 80-90%), z.B. 12 x 400m in ca. 90 Sekunden oder 10 x 100m in 14-15 Sekunden und 10 x 200m in ca. 35 Sekunden (diese Angaben müssen natürlich je nach Alter und Leistungsstand individuell variiert werden). Man spricht dann von einem intensiven Intervalltraining. Je kürzer die Strecken werden, desto höher werden die Serien, wodurch immer weniger die Grundlagenausdauer und immer mehr die für den Basketballer so wichtige Schnelligkeitsausdauer trainiert wird. Das Training läßt sich auch als Pyramidentraining gestalten, wobei immer die kürzeren Strecken zuerst gelaufen werden müssen, z.B. 20 x 50m, 10 x 100m, 5 x 200m, 2 x 400m, 1 x 800m. Ein so hochintensives Training sollte aber nicht vor dem 16. Lebensjahr durchgeführt werden, schon gar nicht in Wachstumsphasen (s.o.).

Je intensiver das Training wird, desto länger werden zwangsläufig die lohnenden Pausen, und desto mehr Zeit muß für Aufwärmen und Cool Down verwendet werden. Auch in den Pausen soll immer wieder gestretcht werden.

 


4. KOORDINATIONS- UND BEWEGLICHKEITSTRAINING

Durch ein konsequentes Auf- und Abwärmprogramm schon im Kinder- und Jugendtraining läßt sich die in diesem Alter normalerweise vorhandene große Beweglichkeit erhalten. Es erübrigt sich also ein gesondertes Beweglichkeitstraining, es sei denn, ein Spieler hat erhebliche Defizite in bestimmten Gelenkbereichen. Diese werden dann allerdings am Besten von einem Physiotherapeuten behandelt, der gezielter und kompetenter auf individuelle Schwächen eingehen kann.


Koordinationsfähigkeit setzt sich nach Schnabel ("Koordinative Fähigkeiten im Sport", 1974) aus drei motorischen Grundfähigkeiten zusammen:

  1. Steuerungsfähigkeit
  2. Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit
  3. Lernfähigkeit

Diese lassen sich weiter unterteilen in

  1. Kopplungsfähigkeit: Koordination von Bewegungen verschiedener Körperteile
  2. Differenzierungsfähigkeit: Feinabstimmung von Bewegungsphasen und Körperteilbewegungen
  3. Gleichgewichtsfähigkeit: wird in ihrer Bedeutung für das Basketballspiel häufig unterschätzt und im Training meist sträflich vernachlässigt!
  4. Orientierungsfähigkeit: Bestimmung und Veränderung von Körperlage und Bewegungen in Bezug auf Spielfeld, Gegner, Mitspieler, Ball
  5. Rhythmusfähigkeit: wichtig z.B. beim Dribbling, Beinarbeit für Korbleger, Power-move oder Sprungwurf
  6. Reaktionsfähigkeit
  7. Umstellungsfähigkeit: Reaktion auf Situationsveränderungen

Wichtig ist vor allem, das die Bewegungsabläufe unter allen Umständen technisch richtig ausgeführt werden. Fehler müssen sofort korrigiert werden. Auf keinen Fall darf man zulassen, dass sich falsche Bewegungsabläufe einschleifen. Ist ein falsches Bewegungsprogramm erst einmal gespeichert und automatisiert, läßt es sich nur mit immensem Aufwand korrigieren. Der Spieler kann dann zwar die Bewegung im Training korrekt ausführen, wenn er sich bewußt darauf konzentriert, sobald er aber in Spielsituationen unter Druck gerät, setzt sich wieder das automatisierte falsche Bewegungsprogramm durch.

Die aussichtsreichste Methode solche falschen Programme, wie z.B. eine schlechte Wurftechnik, auch noch bei älteren Spielern zu "überschreiben" ist übrigens die intensive Ausführung mit der schwachen Hand. Dabei findet ein Transfereffekt auf die starke Hand statt, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass der gleiche falsche Bewegungsablauf nicht auch schon bei der schwachen Hand automatisiert ist.

Die Koordination läßt sich durch folgende methodische Maßnahmen verbessern:
(in Klammern basketballspezifische Beispiele)

  1. Variation der Bewegungsausführung (versch. Korblegervarianten, Ballhandlingübungen)
  2. Veränderung der äußeren Bedingungen (Üben mit/ohne Gegenspieler; Freiwürfe mit Störungen)
  3. Kombinieren von Bewegungsfertigkeiten (alle Arten von Kombinationsdrills, Dribbling mit 2 Bällen)
  4. Üben unter Zeitdruck (Staffeln und Wurfserien als Wettbewerbe)
  5. Variation der Informationsaufnahme (Videobeobachtung, Werfen/Dribbeln mit geschlossenen Augen)
  6. Üben unter Belastung (Freiwürfe nach Sprint, schnelle Wurfserien von verschiedenen Positionen)

Dies läßt sich natürlich durch alle Arten von basketballspezifischen Übungs- und Spielformen bewerkstelligen. Da sich eine optimale sportartspezifische Koordinationsfähigkeit aber nur auf der Grundlage einer vielseitigen allgemeinen koordinativen Grundschulung entwickeln kann, sollte man vor allem bei Minis und D-Jugendlichen darauf achten, auch allgemeine sportliche Übungen, vor allem aus der Leichtathletik (ganz wichtig: Laufschule!) und auch dem Turnen (Hängen und Hangeln, Handstand, Rollen und Überschläge) aber auch aus anderen Ballsportarten, in das Training einzubringen. Am günstigsten ist es, wenn die Kinder neben dem Basketball noch eine vielseitige Einzelsportart betreiben, wie z.B. Schwimmen, Leichathletik oder Judo.

Für Minis und D-Jugendliche ist das so besonders wichtig, da das Alter zwischen ca. sieben Jahren bis zum Beginn der Pubertät eine sogenannte sensible Phase zum Erlernen koordinativer Fähigkeiten und zur Entwicklung der Grundschnelligkeit ist. Was in diesem Alter verpaßt wird, ist nie mehr ganz aufzuholen, denn das koordinative Lernen ist abhängig vom Reifungsprozeß des Zentralnervensystems, der in diesem Alter besonders schnell vonstatten geht und mit dem Einsetzen der Pubertät weitgehend abgeschlossen ist. Nach diesem Zeitpunkt werden im Gehirn keine neuen Verknüpfungen mehr gebildet. Bewegungsabläufe, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht erlernt wurden, können daher später nur mit erheblich größerem Trainingsaufwand eingeübt werden, sind nicht mehr vollständig zu automatisieren und stehen deshalb auch nicht variabel zur Verfügung, d.h. unter Belastung und in überraschenden Situationen kommt es häufig zu Fehlern.

Eine der wichtigsten Folgerungen für das Basketballtraining ist beispielsweise, dass die Kinder so früh wie möglich konsequent zu "Beidhändern" erzogen werden, weil sich der so wichtige hohe Automatisationsgrad später nicht mehr erreichen läßt. Muß ein Spieler über die Verwendung der Dribbel- oder Wurfhand erst bewußt entscheiden, ist die Wahrscheinlichkeit eines Ballverlusts oder Fehlwurfs deutlich höher als bei einer vollständig automatisierten Steuerung.

 

 

Die bei manchen Trainern so beliebten Sprüche wie "je härter das Training, desto besser" und "heute hab’ ich die Jungs mal wieder so richtig platt gemacht" sind absoluter Blödsinn. Ein Training ist nur dann effektiv, wenn Belastung und Erholung sinnvoll kombiniert werden. Wer sein Team immer nur Volldampf gehen läßt, führt es direkt ins Übertraining – Leistungsabfall und Motivationsverlust sind die Folgen, die nicht mehr kurzfristig zu beheben sind. Dies gilt sowohl innerhalb einer einzelnen Trainingseinheit als auch für eine Trainingswoche oder einen mehrwöchigen Trainingszyklus. Wenn die Muskulatur schon zu Beginn eines Trainings durch zu intensive Belastung übersäuert, kann sie im restlichen Verlauf des Trainings keine Höchstleistung mehr bringen. Bringt ein übereifriger Trainer seine Mannschaft schon am ersten Tag eines Trainingslagers an den Rand ihres Leistungsvermögens ("denen zeig’ ich gleich mal wo’s lang geht"), ist damit der Erfolg des gesamten Trainingslagers gefährdet. Zudem haben solche Überbelastungen aufgrund nachlassender Konzentration und Koordination ein enorm gesteigertes Verletzungsrisiko zur Folge.

Jede körperliche Belastung bewirkt im Körper Anpassungsprozesse, die sogenannte Superkompensation, die bewirkt, dass der Körper sich auf diese Belastung einstellt und sie beim nächsten Mal leichter bewältigen kann. Im wesentlichen geht es dabei um eine bessere Energiebereitstellung. Jede Belastung führt zu einem Abbau der Energievorräte im Körper. Diese Vorräte werden in der folgenden Erholungsphase nicht nur auf das vorherige Niveau, sondern darüber hinaus aufgefüllt, der Organismus überkompensiert also den Verbrauch, um auf die nächste Belastung besser vorbereitet zu sein. Die Leistungsfähigkeit nimmt somit zu. Wird jedoch die nächste Belastung gesetzt, bevor dieser Effekt eingetreten ist, verliert der Körper an Leistungsfähigkeit, man spricht dann von Übertraining.



Ist umgekehrt die Pause zwischen zwei Belastungen zu lange, geht die Superkompensation wieder verloren, die neue Belastung erfolgt also bei gleicher Leistungsfähigkeit wie zuvor. Die Leistung wird nicht gesteigert, sondern lediglich stabilisiert.

 

Jede Belastung verlangt demnach auch die entsprechende Erholung, um einen optimalen Trainingseffekt – wie in Abbildungen 4/5 dargestellt – zu erzielen. Je nach Art und Intensität der Belastung kann die sogenannte Superkompensationszeit bis zu 72 Stunden betragen.

Das große Problem bei einem Mannschaftstraining ist, dass die Spieler sehr unterschiedliche Ausdauerleistungsfähigkeiten besitzen. Setzt man nun für alle Spieler die gleiche Belastung, führt dies unweigerlich zur Unter- bzw. Überforderung einzelner Spieler. Individuelle Trainingspläne sind daher unerläßlich.

Zur Belastungskontrolle zieht man am besten die Pulswerte heran. Sie stellen zwar nicht das Nonplusultra der Sportmedizin dar (wer die nötige Zeit und Geld hat, greift zu Laktatmessungen mittels Blutabnahme am Ohrläppchen), sind aber mit geringem Aufwand zu messen und meist auch weitgehend verläßlich. Geht man von einer maximalen Herzfrequenz von 200 Schlägen pro Minute aus, liegt eine 90%ige Belastung demnach bei einer Herzfrequenz von ca. 180/min vor.


Richtwerte für Regenerationszeiten nach speziellen Belastungen:

Trainingsform Erholungszeit
Maximalkraft, Explosivkraft, Schnellkraft

72 h

Muskelaufbautraining, Kraftausdauer, Schnelligkeitsausdauer

48 h

aerobe Ausdauer (Dauermethode)

24 h

anaerobe Ausdauer (extensives Intervalltraining)

36 h

schwere anaerobe Ausdauer (intensives Intervalltraining)

72 h

 

Basketballer springen und landen, treten an und stoppen, leisten jede Menge Beinarbeit in der Verteidigung – all das trainiert die Beinmuskulatur, insbesondere die vordere Oberschenkelmuskulatur (die Kniestrecker), in hohem Maß. Die Spieler können immer höher springen und immer schneller laufen. Die bei Landungen aus größerer Höhe und Stops aus höherem Tempo geforderte Bauch- und Rückenmuskulatur sowie die rückwärtige Oberschenkelmuskulatur (Kniebeuger), der eine entscheidende Rolle für Stabilität des Kniegelenks zukommt, wird jedoch nicht ausreichend mitentwickelt.

Das hat zur Folge, dass die Wirbelsäule bei Landungen überbelastet wird, was zu Rückenschmerzen und Bandscheibenschäden führen kann.

Ebenso entsteht im Oberschenkel ein Ungleichgewicht (muskuläre Dysbalance) zwischen Kniebeugern und -streckern, was zu chronischen Knieschmerzen (unter Basketballern weit verbreitet und meist nicht richtig ernst genommen: Patellasehnenansatzreizung, Schmerzen unterhalb der Kniescheibe am Übergang der Sehne in den Unterschenkel), Knorpelschäden und im schlimmsten Fall zu Bandverletzungen im Kniegelenk führen kann.

Die hintere Oberschenkelmuskulatur, deren Sehnen am Unterschenkel ansetzen, ist bei Landungen oder Stops nicht mehr in der Lage, das Knie stabil zu halten, wodurch sich der Unterschenkel leicht nach vorne bewegt (siehe Abbildung), was zu ständiger Überbelastung der Kniescheibensehne (Patellasehne) und zu hoher Beanspruchung der Kreuzbänder im Knieinneren führt. In Extremsituationen kann das zu einer Bandverletzung, vorzugsweise am vorderen Kreuzband führen. Untersuchungen haben ergeben, dass bei ca. 70% aller Basketballspieler ein solches muskuläres Ungleichgewicht besteht – Folge falschen, unausgewogenen Trainings!

Solchen Fehlentwicklungen kann man mit relativ geringem Aufwand durch Körperstabilsationsübungen (kurz: KSÜ) entgegenwirken. Die Abbildungen unten zeigen drei Übungen, jeweils links in einer einfachen Ausführung für Anfänger, rechts in einer erschwerten für Fortgeschrittene. Jede Übung wird viermal durchgeführt, wobei man anfänglich mit 10 Sek. Halten und 5 Sek. Pause arbeitet. Übung 2 muß natürlich für beide Körperseiten durchgeführt werden. Die Haltedauer wird allmählich auf 20-30 Sek. mit 10-15 Sek. Pause gesteigert. Es ist unbedingt auf saubere Ausführung zu achten, der Rücken muß immer gerade gehalten werden.

Mit nur 5-10 Minuten Aufwand pro Training (oder zuhause) erreicht man damit eine sehr gute Verletzungsprophylaxe und zugleich eine Leistungssteigerung, da muskuläres Ungleichgewicht immer zu einer Leistungsminderung in der betreffenden Körperregion führt. Schon bei der D-Jugend sollten diese Übungen Bestandteil jedes Trainings sein. Nehmt Euch die Zeit – den Spielern zuliebe!

 

SCHLECHTE NACHRICHTEN FÜR BIERTRINKER UND SÜSSMÄULER

Wird innerhalb der ersten zwei Stunden nach dem Training Alkohol konsumiert, selbst in geringen Mengen, wird ein Großteil des Trainingseffekts verhindert. Der Alkohol bindet den größten Teil des in der Leber vorhandenen Sauerstoffs, so dass die biochemischen Anpassungsvorgänge, die zu einer Leistungssteigerung führen, nicht stattfinden können.

Zuckerhaltige Limonaden und Cola enthalten keine Mineralien und Vitamine, sie entziehen dem Körper sogar noch weitere dieser wichtigen Stoffe, so dass ein Leistungsabfall eintritt! Das gleiche gilt natürlich auch für Süßigkeiten in jeglicher Form.

Es würde zu weit führen, hier die chemischen Vorgänge im Detail darzustellen, deshalb nur die wesentlichen Punkte: Eine Dose Cola z.B. enthält ca. 40g Zucker in seiner einfachsten Form (Mono- und Disaccharide, wie z.B. Traubenzucker), das entspricht etwa 10 Teelöffeln! Zucker = Energie sagt die Werbung , also nichts wie rein damit! Weit gefehlt: Die Zufuhr dieser Art Zucker, auch in Form von Süßigkeiten, bewirkt drei im Sport absolut unerwünschte Effekte:


1. Energieverlust: Ein Teil des Zuckers geht schon in der Mundschleimhaut in die Blutbahn über. Dort melden Sensoren dem Gehirn – fälschlicherweise! – einen drastisch erhöhten Blutzuckerspiegel, was einen sofortigen Ausstoß des Hormons Insulin auslöst, um den vermeintlich hohen Blutzuckerspiegel zu regulieren. Resultat dieser Fehlinformation: der in Wahrheit zu niedrige Blutzuckergehalt wird noch weiter gesenkt, das Leistungsvermögen also nicht gesteigert sondern verschlechtert. Bis der Körper seinen Fehler bemerkt und den Normalzustand wieder hergestellt hat, vergehen ca. 10 bis 15 Minuten. Danach ist der Sportler wieder so weit wie zuvor, von Leistungssteigerung keine Spur, aber eine Halbzeit fast vorbei! Der Spieler, der sich mit Cola, Süßigkeiten oder reinem Traubenzucker (Dextro Energen) Energie zuführen will, erreicht damit also genau das Gegenteil.


2. Elektrolyt und Vitaminverlust: Zur Verdauung von Zucker benötigt der Körper Mineralien (Elektrolyte) und Vitamine. Da diese bei Snickers oder Cola/Fanta/Sprite nicht mitgeliefert werden, holt er sie sich aus seinen Vorräten, und die sind beim Sport knapp und kostbar, denn sie werden vor allem für die Steuerung der Muskelarbeit benötigt. Folge: Leistungsabfall und Anfälligkeit für Muskelkrämpfe.


3. Wasserentzug: Zucker ist wasserlöslich. Da er in Süßigkeiten und gesüßten Getränken in überkonzentrierter Menge vorliegt, entzieht er dem Körper Wasser (durch Osmose), welches dann in der Blutbahn fehlt. Das Blut wird dadurch dickflüssiger, Energie und Sauerstoff werden somit langsamer in die Muskeln transportiert, Abfallprodukte (Milchsäure, CO2) langsamer abtransportiert. Leistungsabfall und schnellere Ermüdung sind die Folge.

Was also sollte man sinnvollerweise zu sich nehmen? Die von Mama gut gemeinten (gesüßten) Tees sind genauso unsinnig. Das optimale Getränk während und nach dem Training ist Apfelsaftschorle, die in ihrer Zusammensetzung aus Wasser, Mineralien und Vitaminen dem beim Sport verlorenen Schweiß sehr ähnlich ist.

Mit den in 1 Liter Apfelsaftschorle enthaltenen ca. 250kcal kann man zudem den Energiebedarf für ca. 30 Minuten Basketball decken! Die bekannten "Sportgetränke" sind auf keinen Fall besser, nur wesentlich teurer!

Obst ist während des Spiels oder Trainings sehr gut geeignet, so enthält beispielsweise eine einzige Banane:

  • 75ml Wasser, 25g Kohlenhydrate, 1.1g Eiweiß

  • Energie: 81kcal / 341kJ (Ausreichend für etwa 10 Minuten Basketballspielen)

  • Mineralstoffe: Natrium, Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Fluor


  • Vitamine: A, B1, B2, B3, B6, C, E

Ganz entscheidend ist eine kohlenhydratreiche Ernährung bereits vor der Belastung, um die Energiespeicher des Körpers möglichst gut aufzufüllen. Spätestens zwei Stunden vor der Belastung sollten allerdings keine größeren Mahlzeiten mehr eingenommen werden, da starke Verdauungsarbeit die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Kohlenhydrate in Nudeln, Kartoffeln, Brot, Reis werden zwar letztlich auch zu Zucker (Glucose) verarbeitet, allerdings liegen sie hier in einer Form vor, die erst im Verdauungstrakt in Einfachzucker aufgespalten wird und somit keinen Schaden anrichtet, außerdem werden die zur Verdauung benötigten Mineralien und Vitamine hier gleich mitgeliefert.

Fettreiche Nahrung (Pommes!) ist zu vermeiden, weil sie nur langsam verdaut wird und den Organismus damit sehr belastet.

Nicht nur falsches Training oder schlechtes Coaching, auch falsche Ernährung kann Spiele verlieren!