Re: Dehnen ja oder nein


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Abgeschickt von christian am 11 September, 2001 um 15:27:14

Antwort auf: Dehnen ja oder nein von Stefan am 11 September, 2001 um 14:50:11:

Hi!
dieses thema wird bei uns im verein im moment auch diskutiert, darum moechte ich einfach mal eine mail unserer vereinsmailingliste hier posten. vielleicht ist sie ja fuer den einen oder anderen interessant:

im folgenden moechte darstellen, dass das dehnen und stretching in der
sportwissenschaft zur zeit hoechst umstritten ist. es gibt momentan genauso viele
personen die ein dehn und stretch-programm als das allheilmittel propagieren
wie personen, die dehnen und stretching komplett ablehnen.
ich werde nun alexanders angefuehrte punkte versuchen zu widerlegen unter
bezugnahme auf WIEMANN,K./KLEE, A.: Dehnen und Stretching - Effekte, Methoden,
Hinweise für die Praxis. In: Sportpraxis 3/99, 8-12 und Sportpraxis 4/99,
37-41.
Die dort vertretene meinung stimmt nicht unbedingt mit meiner eigenen
ueberein, soll jedoch fuer weiteren diskussionsstoff sorgen. bei interesse kann ich
diese beiden artikel natuerlich auch fotokopieren.

> - Auch etwas zum Basketball:
> Eine herbe Kritik vom Aufwärmtrainer an die Spieler: Kinders,
dehnt Euch >vernünftig!
in diesem punkt herrscht zustimmung. wenn man dehnt, dann vernuenftig.
"Wichtig scheint nur, dass er vorsichtig zu werke geht, sich nicht quält und den
Muskel nicht malträtiert, damit er sich nach dem dehnen - gleichgültig ob der
muskel nun tatsächlich länger geworden ist oder nicht - entspannt und locker
fühlt." (41).

> Wirkungen von Dehnungen:
> - Verbesserung der Beweglichkeit
wenn beweglichkeit mit dehnfähigkeit und somit erweiterter gelenkreichweite
gleichzusetzen ist, so diesem punkt zu zustimmen. dies gilt sowohl fuer
langfristige dehnprogramme als auch fuer kurzfristiges dehnen, wie etwa vor einem
spiel. somit ist dehnen sinnvoll um "den beschleunigungsweg durch weit
räumige ausholbewegungen zu vergrößern [...] z.B. bei Schlagbewegungen in
Ballsportarten" (12).

> - Beeinflussung des muskulären Tonus
hier stellt sich die frage nach der beeinflussung in welche richtung?
stretching wird oftmals "ein effekt zur minderung der muskelruhespannung
zugeschrieben" (12). ist dies die beeinflussung, die du meinst? diesen effekt jedoch
halten die autoren fuer sehr umstritten. Im Gegenteil: ein 10woechiger Test hat
ergeben, dass der ruhetonus sogar leicht zu nimmt.

> - Steigerung der Durchblutung
dieser effekt ergibt sich durch aktivierung des muskels, muss nicht
zwangsläufig durch dehnen oder stretching geschehen, kann durch jede andere art von
muskelnutzung erreicht werden. somit ist dieses kein dehnspezifisches
argument.

> - Entwicklung von Muskel- und Körpergefühl
> - Koordinative Gewinne

wenn man stretching als mittel zum training der sinne, insbesondere des
vestibulaeren und kinaesthetischen sinnes. jedoch muss dieses unter diesem
gesichtspunkt geschehen. anderenfalls wird sich keine verbesserte leibwahrnehmung
einstellen, was wiederum voraussetzung fuer eine verbesserte koordination ist.


> - Entspannende, regenerative Wirkungen nach Belastung

dieses ist eine subjektive wahrnehmung, die nicht untermauert werden kann.
es ist vielmehr so, "dass personen nach einem stretching im behandelten muskel
geringere spannungen _fuehlen_ und beim einnehmen extremerer
gelenkstellungen einen geringeren widerstand _verspueren_ als vorher." (41). obwohl dieses
nicht wirklich einem effekt des dehnens auf die muskulatur entspricht, ist es
so, dass die Auswirkungen auf die Psyche positiver Natur sind. Der durch das
Stretching "verbundene Anstieg des körperlichen Wohlbefindens scheint einer
der lohnenswertesten Effekte des Dehnens zu sein." (41).

> - Verletzungsvorbeugende Wirkungen

hier muss wieder zwischen lang- und kurzfristigen dehnprogrammen
unterschieden werden. waehrend ueber langfristige dehnprogramme noch keine gesicherten
erkenntnisse vorliegen, fuehren kurzfristige dehnprogramme eher zu einer
steigerung der verletzungsgefahr, insbesondere muskelkater, was nichts anderes als
muskelfaserrisse auf myofibrillarer ebene ist. gleichzeitig laesst sich eine
verminderung der leistungsfaehigkeit feststellen. "Intensives Dehnen
belastet die Muskulatur" (12), da erhoehte passive spannungen auftreten.
"Dehntraining bedeutet somit eine hohe belastung der passiven elastischen strukturen des
muskels und kann deshalb zu ähnlichen konsequenzen führen wie krafttraining.
diese im laufe des dehnens auftretenden spannungen sind so hoch, dass dehnen
alleine schon muskelkater erzeugen kann. Im wechsel mit exzentrischen
krafttraining foerdert statisches dehnen das auftreten von muskelkater." (ebd.).
auch schnellkraftleistungen leiden unter stretching. ein versuch hat ergeben,
dass die sprintleistungen ueber 40m um 0,14s nachgelassen haben, wenn zwischen
zwei sprints 15minuten gedehnt wurde. eine aehnliche studie hat bewiesen,
dass die sprungleistung um 4% zurueckgeht. "diese befunde lassen es angeraten
erscheinen, unmittelbar vor schnellkraftleistungen die relevanten muskeln
nicht mit einem kurzzeitigen dehnungsprogramm zu behandeln, sondern sie
allenfalls nur ein wenig vorsichtig und sanft zu dehnen." (ebd.) diese erkenntnisse
haben zur folge, dass viele mannschaften im spitzensport ihr aufwaermen so
gestalten, dass das stretching 40 minuten vor spielbeginn stattfindet, da die
muskulatur sich bis dahin wieder von den negativen aspekten des stretchings
erholt hat.

> - Schmerzlindernde Wirkungen

sorry, aber ueber den aspekt habe ich so rein gar nix gefunden in meiner
literatur.

> Ich bin überzeugt, jetzt dehnt Ihr Euch auch alle ganz
vorbildlich, gut so! Ich >bin stolz auf Euch!

auch ich bin stolz auf euch, dass ihr meinen ausfuehrungen bis hier hin
gefolgt seid ;)

wie gesagt: ich stimme nicht 100% mit der meinung der autoren ueberein,
jedoch denke ich, dass sie interessante aspekte aufzeigen, die durchaus zu
beachten sind.

------

bye, christian





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